Die Bahnstrecke Chemnitz – Aue im Wandel

Vorwort

In diesem Beitrag sollen ausgewählte markante Punkte der Strecke Chemnitz – Aue (- Adorf) im Wandel der Jahre vorgestellt werden. Dabei liegt der Fokus auf Betriebsstellen und Bauwerken, die im Zuge der 2019-2021 erfolgten Streckensanierung erneuert bzw. stark verändert worden sind. Der Anspruch auf Vollständigkeit kann und soll dabei nicht erhoben werden.

Bf Chemnitz Süd (km 1,99 CA) / Bft Chemnitz Süd Straßenbahn (km 3,68 CA)

[1] Der Südbahnhof, damals Karl-Marx-Stadt Süd, in den 1980er-Jahren, der Blick nach Nordosten, in Richtung Hbf: Links die beiden Streckengleise der CA, wobei das rechte längst nur noch als Anschlussgleis im Stadtgebiet fungierte. 50 3519 wird demnächst mit einem kurzen Nahgüterzug in Richtung Aue ausfahren. Daneben steht eine V 60 (BR 106), welche unermüdlich im Rangiereinsatz stand, um die Güterwagen auf die zahlreichen Anschlüsse zu verteilen bzw. neue Züge zusammenzustellen. (Aufnahme: Tilo Müller)
[2] 2003/2004 sanierte man die KBS 524 bereits umfangreich. Fast alle Haltepunkte wurden erneuert und die Bahnhöfe Zwönitz und Lößnitz oberer Bf wurden zu solchen degradiert. Auch in Chemnitz Süd erneuerte man das Streckengleis von Grund auf. 202 646 stand am 26. Juli 2003 auf dem ehemaligen Richtungsgleis Einsiedel – Chemnitz Hbf. Es diente damals noch als Anschlussgleis (u.a. Rohr- und Kaltwalzwerk).
[3] Am 29. August 2008 entgleisten zwei Fcs-Wagen an einer Weiche (rechts vom Bild). 232 379 brachte den EDK. Ein Großteil des Güter- und Verladebahnhofs war bereits renaturierte Brachfläche. Auch das zweite CA-Streckengleis war an dieser Stelle verschwunden. Hingegen hatte man das südliche Einfahrsignal neu positioniert. Wenige Jahre später rückte es bis zum Nordende des Haltepunktes Chemnitz-Reichenhain vor.
[4] Am 17. Juni 2015 verlud man an der Ladestraße in Chemnitz Süd Holz. 201 101 der Wedler-Franz Logistik GmbH & Co. KG setzte mit einer Rangierabteilung um.
[5] Dieselbe Stelle mit deutlich weniger Bäumen am 5. April 2018. Im Hintergrund ist zwischenzeitlich der „Railport“ entstanden. Das links im Hintergrund sichtbare Hl-Signal ist nicht dasselbe wie in [3], sondern ein wiederum wenige Meter gen Hbf verlegtes Zwischensignal. Das südliche Einfahrsignal befand sich damals, wie schon erwähnt, am Hp Chemnitz-Reichenhain.
[6] Die Baufeldfreimachung für die künftige Verknüpfung von Eisen- und Straßenbahnnetz ist am 9. März 2018 schon deutlich vorangeschritten.
[7] Bevor die Verknüpfung entstand, richtete man in Bildmitte zunächst eine Altschotteraufbereitung ein. Zum Antransport des Altschotters verlegte man ein Interimsgleis. Dieser Zustand währte bis Ende 2020. Im Hintergrund sind im Vergleich zu [6] Spurplananpassungen erkennbar. Die Aufnahme entstand am 10. Oktober 2018.
[8] Auf dieser Aufnahme lässt sich der vorläufige Endzustand bewundern. Der Citylink 690 439 hat soeben hoheitsgebietstechnisch von BOStrab auf EBO gewechselt. Außerdem ist im Zentrum des Bildes gut zu erkennen, dass die Halle des Railports deutlich erweitert worden ist. Am Horizont ragen die Türme der Markus- und der Lutherkirche hervor. Vom geringen geistigen Horizont der Urheber hingegen zeugen die Sachbeschädigungen an den Schallschutzwänden.
[9] Die in [1] und [2] gezeigte Perspektive heute. Die klassische Verbindung zum Hbf steht für Sonderfahrten nach wie vor zur Verfügung. Wobei die aktuelle Fahrplansituation wohl vor allem sonntags zusätzlichen Zugverkehr erlaubt. Das Gleis, das nach links vorn kreuzt, ist ein Ausziehgleis zu Rangierzwecken. Gleichwohl bindet es den Anschluss der Scholz Recycling GmbH (km 3,74 CA) an das Netz an, obwohl dieser seit vielen Jahren nicht mehr genutzt worden ist.
[10] Noch viel mehr hat sich der östliche Bereich des Südbahnhofes in den letzten 25 Jahren gewandelt. Hier befanden sich die Anschlüsse Raab-Karcher und Konsum eGmbH. Im September 1999 gab es hier noch Ladestraßen, zahlreiche Gleisanschlüsse und Hochbehälter-Verladeanlagen. Eine Leine Selbstentladewagen (Fals 164) stand abgestellt.
[11] Am 3. Oktober 2014 waren die Silos längst verschwunden. Von rechts her hat die Technische Universität einen Teil der Industrie- und Anschlussbahnanlagen für sich beansprucht und umgestaltet. Als Vergleichsmoment zu Bild [10] dient das kleine Gebäude. Die Vorbereitungen zur Errichtung des neuen Güterumschlagplatzes „Railport“ laufen bereits.
[12] In Lage der ehemaligen Ladestraße und als Fortsetzung dieser entstand bis 2017 eine öffentliche Straßenverbindung zwischen Reichenhainer und Werner-Seelenbinder-Straße – die Fraunhoferstraße. Links der bereits erweiterte Railport. In diese Halle führt ein Gleis. Der Südbahnhof böte noch genügend weiteren Stoff für einen eigenen Beitrag.
[13] Folgt man der Fraunhoferstraße stadtauswärts, quert man wenig später die Straßenbahngleise zur CA. Der Bahnhübergang befindet sich unmittelbar hinter der Haltestelle Technopark, die seit Dezember 2017 der Endpunkt der städtischen Straßenbahnlinie 3 ist. Im Zuge der Errichtung dieser Neubaustrecke mit Wendeschleife bereitete man auch gleich den Abzweig in Richtung Aue vor. Die Gleise endeten für rund vier Jahre an dieser Stelle.
[14] Im Sommer 2021 erfolgte schließlich der Lückenschluss. Eine Stopfmaschine verrichtete am 27. August bei strömendem Regen ihr Werk.

EÜ Werner-Seelenbinder-Straße (km 4,29 CA)

[15] Genau wie die Brücken der Hauptstrecke im Abschnitt Chemnitz Hbf – Chemnitz-Siegmar entstand die Überquerung der Werner-Seelenbinder-Straße 1906 beim zweigleisigen Ausbau, um einen niveaugleichen Bahnübergang zu ersetzen. Zwischen Chemnitz Hbf und Chemnitz Süd lagen nun sechs Gleise. Davon zwei der CA, welche bis Einsiedel zweigleisig ausgebaut wurde. Das Bauwerk präsentierte sich im April 2020 noch vollständig. Das zweite Gleis war bereits entfernt worden. Die Straße trug bis 1933 den Namen Richthofenweg, 1933-1945 hieß sie Bernd-Rosemeyer-Straße und zu DDR-Zeiten zeitweise Olympischer Weg.[I]
[16] Am 6. August 2020 waren Arbeiter damit beschäftigt, die alte Brücke zu zerlegen.
[17] Am 15. Dezember 2021 wurden die neuen Überbauten auf die Widerlager gesetzt. Sechs Tage später bot sich dieses Bild.
[18] Die Brücke mit Fahrbetrieb am 12. Februar 2022.
[19] Als 642 556 am 11. März 2018 nach Aue über die Werner-Seelenbinder-Straße fuhr, lag das zweite Gleis in diesem Bereich noch. Die Gefahr, von einem Schienenfahrzeug erfasst zu werden, bestand für den Bildautoren aber nicht mehr. Im Rücken des Betrachters war eine Gleislücke und in Richtung Chemnitz Süd trennte ein Prellbock das Gleis vom Betriebsgeschehen ab.
[20] 21. Dezember 2020: Die neue Brücke ist bereits nahezu komplett.
[21] Heute ist ein Betreten beider Gleise an dieser Stelle selbstverständlich tabu. Zumal sich die Citylinks in diesem Bereich planmäßig begegnen. Das Vergleichsbild vom 12. Februar 2022 musste demnach von etwas weiter rechts aufgenommen werden. Neu ist unmittelbar vor der Brücke der Vorsignalwiederholer.

Anst VEB Rohr- und Kaltwalzwerk / Faradit (1953-2015; km 4,39 CA)

[22] Vom ehemaligen Streckengleis Einsiedel – Chemnitz Hbf zweigte das 1953 erbaute Anschlussgleis nach Südosten ab. Entlang der Anschlussbahn befanden sich sieben weitere Gleisanschlüsse.
[23] Der Anschluss ist nach 2005 nur noch sehr selten genutzt worden. Letzte Bedienungen des Rohr- und Kaltwalzwerkes sind für 2007 belegt. Am 25. April 2015 fanden Pendelfahrten mit dem Schienenbus 172 171 statt. Einen Tag später verließen er und die Werklok LKM 262446 die Anschlussgleise, was zugleich die letzte Befahrung dieser darstellte. Bereits wenige Wochen später entfernte man die Abzweigweiche. Heute wächst das gekappte Anschlussgleis zu. Die Kleingartenanlage wird seit der Streckensanierung durch einen Sichtschutz abgeschirmt.

EÜ Olbernhauer Straße (km 5,56 CA)

[24] Auch diese Brücke entstand 1906 im Zuge der Entfernung niveaugleicher Bahnübergänge und ist baugleich mit vielen städtischen Bahnbrücken dieser Zeit. Die Berlin-Schöneweider Museumslok 119 158 rollt am Zugschluss eines Sonderzuges im Dezember 2013 darüber.
[25] Im Dezember 2020 standen die neuen Widerlager schon, die Überbauten waren noch nicht vorhanden.
[26] Nun präsentiert sich die EÜ Olbernhauer Straße als oben offene Kastenbrücke.
[27] Der Blick in Richtung Südwesten auf die alte Brücke im Januar 2013. 112 565 überführt Reisezugwagen nach Schwarzenberg.
[28] Und dieselbe Perspektive wie im vorigen Bild heutzutage (März 2022).

Anst VEB Werkzeugmaschinenkombinat / VTS Chemnitz GmbH / dpl GmbH (km 5,61 CA)

[29] Ronny Meyer gelang es am 15. Juli 2003, eine der seltenen Anschlussbedienungen zu dokumentieren. 365 121 hat von Chemnitz Süd kommend gerade das Gleistor passiert.
[30] Nun drückt das „Dreibein“ die Wagen in Richtung Chemnitz Süd aus dem Anschluss. Typisch waren Rungenwagen mit Pressspankisten.
[31] Der Gleisanschluss wird seit Ende 2004 nicht mehr genutzt. Die Löbauer LVT-Garnitur, bestehend aus Steuerwagen 972 502 und Triebwagen 772 413, hat am 20. Mai 2012 soeben die Olbernhauer Straße gequert und passiert nun die Anschlussweiche.
[32] Auch dieser Gleisanschluss bleibt erhalten*. Man darf gespannt sein, ob dieser und der Scholz-Anschluss (siehe [9]) eines Tages tatsächlich noch einmal genutzt werden.

*Zwischen 21. und 28. April 2022 wurden die Anschlussgleise außerhalb des Werkszauns zurückgebaut. Sie wichen einer Lärmschutzwand für die nebenan entstehende Neubausiedlung. Die Anschlussweiche im Streckengleis bleibt vorerst liegen.

Hp Chemnitz-Reichenhain (km 6,06 CA); Üst Chemnitz-Reichenhain (km 6,43 CA)

[33] Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme, dem 12. Oktober 1986, war Karl-Marx-Stadt-Reichenhain noch ein besetzter Haltepunkt. Ab Oktober 1988 war er unbesetzt, die Fahrkartenausgabe geschlossen. Bis April 1908 hieß die Station Erfenschlag Hp. Das links sichtbare Reichenhainer Stationsgebäude ist 1954 erbaut worden. Der hölzerne Vorgänger wurde in den Küchwaldpark umgesetzt, um bei der Pioniereisenbahn seinen Zweck zu erfüllen. Dabei handelte es sich um ein Nachkriegsprovisorium, da die Station am 5. März 1945 bei Luftangriffen schwer beschädigt worden war. Rechts erheben sich Bauwerke, die zum Gaswerk an der Saydaer Straße gehörten. Den Turm sprengte man Mitte 1998. Selbstverständlich besaß auch die Städtische Gasanstalt einst einen Gleisanschluss. (Aufnahme: Günter Meyer)
[34] Am 1. Juni 2000 hat sich nicht viel verändert. Das Stationsgebäude dient keinen Bahnzwecken mehr. Stattdessen haben die Fahrgäste ein Buswartehäuschen erhalten. Aber auch das Häuschen hatte schon einen Vorgänger, siehe [38], dessen Fundament ist noch gut ersichtlich. Im Hintergrund ist zu erkennen, dass das verbliebene Streckengleis in Richtung Chemnitz Süd auf die Trasse des Richtungsgleises nach Einsiedel umschwenkt. Zweigleisig war der Abschnitt Chemnitz Hbf – Bf Einsiedel zwischen 1907 und 1946.
[35] Das 125-jährige Streckenjubiläum der CA-Linie wurde am 3. Oktober 2000 mit Sonderfahrten gewürdigt. Im Abschnitt Thalheim – Lößnitz oberer Bf war der Oberbauzustand dermaßen schlecht, dass Dampflokomotiven der Baureihe 50.35 nicht verkehren durften. Deshalb kam es in Thalheim und Lößnitz oberer Bf zu Lokwechseln. Auch in Reichenhain gab es einen Halt, 50 3648 beschleunigt. Rechts ist das Bahnwärterhaus angeschnitten. Im Vergleich zu [34], vier Monate zuvor entstanden, hat sich schon eine Kleinigkeit verändert: Das Stationsschild ist weg. Die Anschlussgleise von VTS reichten fast bis an das Stationsgebäude heran.
[36] Am 17. April 2020 waren die Umbauarbeiten in vollem Gange. Im Hintergrund ist das schon zuvor erwähnte Einfahrsignal von Chemnitz Süd zu erkennen. Das Stationsgebäude verschwand bereits in den 2000er-Jahren.
[37] Der stadtwärtige Bahnsteig ist weit in Richtung Chemnitz Süd verlegt worden. Das ist ärgerlich für Reisende, die zu Fuß aus Richtung Norden kommen. Für die Bahn-Bus-Schnittstelle mit der Linie 53 entstand ein Bahnübergang. Diese Schranke ist auch der betriebliche Grund für die Lage der Bahnsteige.
[38] Noch einmal der Sprung zurück in das Jahr 1993: Am 5. Dezember legte 38 205 mit ihrem „Nikolaussonderzug“ einen kurzen Halt ein. Im Vergleich zu den anderen Ansichten ist hier das alte Wartehäuschen aus (D)DR-Zeiten zu sehen. (Aufnahme: Dirk Schüttler)
[39] Derselbe Blickwinkel in der Erzgebirgsbahn-Ära: Der Bahnsteig ist 2003 schon einmal neu gebaut worden. (Aufnahme vom 9. März 2018)
[40] Der Ausbauzustand im Dezember 2020.
[41] Der 225 Meter hohe Schornstein, der alle bisherigen Reichenhain-Bilder eint, gehört zum Heizwerk Altchemnitz. Dieses versorgt bei lang anhaltender Kälte die Stadt von Süden her mit Fernwärme.
[42] Blicken wir nun in Richtung Südosten auf die Brücke der Erfenschlager Straße, die in Gegenrichtung als Standort diente. Sie wird bald nach dieser Aufnahme durch einen Neubau ersetzt werden. 202 646 brachte am 2. Juli 2005 einen kurzen Arbeitszug, bestehend aus drei Rungenwagen, von Schwarzenberg nach Chemnitz Süd.
[43] Im März 2018 war das Postenhaus bereits verwaist. Ein Stadler Regio-Shuttle RS 1 der City-Bahn Chemnitz stand im Frühjahr’18 regelmäßig an Wochenenden auf der CA im Planeinsatz, da bei der Erzgebirgsbahn 642-Mangel herrschte. Die Weitsicht, das Lichtraumprofil der Unterführung für zwei Gleise beizubehalten, ist heutzutage auch bemerkenswert.
[44] Verabschieden wir uns von Chemnitz-Reichenhain mit dem aktuellen Blick auf den einfahrenden 690 436. Im Hintergrund ist die Überleitung in die Eingleisigkeit zu sehen. Während im Südbahnhof noch klassisch ortsbediente Hl-Signale dominieren, wird die Signaltechnik zwischen Reichenhain und Zwönitz elektronisch ferngesteuert. Bedient wird auch dies vom Stellwerk B1 (früher B2) in Chemnitz Süd aus.

Hp Einsiedel Gymnasium (2003-2019: km 9,04 CA, seit 2021: km 9,39 CA)

[45] Als VT 514 am 18. März 2018 zwischen Bf und Hp Einsiedel unterwegs war, befand sich am Streckenkilometer 9,4 noch kein Haltepunkt. Der Hp Einsiedel wies damals schon einen wechselvollen Werdegang auf. Zunächst ging er am 30. September 1972 am km 8,91 in Betrieb – anfangs nichtöffentlich. Zeitweise trug die Station den Namen Einsiedel Betriebsberufsschule. Der Standort währte bis Juni 2003. Als Ersatz eröffnete man, nach der Streckensanierung im Dezember 2003, den Haltepunkt Einsiedel Gymnasium, rund 130 Meter weiter östlich.
[46] In der jüngsten Umbauphase verlegte man den Haltepunkt erneut, sodass er sich nun an das Nordende der Einsiedler Stützmauer anschließt. Das neue Vorsignal im Bildzentrum gehört bereits zum Bahnhof Einsiedel.

Bf Einsiedel (km 10,38 CA)

[47] 202 832 rollt mit ihren zwei By-Wagen in den Bahnhof Einsiedel ein und kreuzt mit einer identischen Garnitur. Anlässlich des „Männertages“ sind die Lokomotiven mit Zweigen geschmückt. Der Bahnhof wurde seinerzeit mit EZMG-Stellwerkstechnik gesteuert. Der Inselbahnsteig stammte aus dem Jahr 1912, das Bahnsteigdach kürzte man 1967 ein.
[48] Das Einsiedler EG, rechts, ist ein profaner Zweckbau der 1950er-Jahre. Auch hier zerstörte der amerikanische Luftangriff den Vorgängerbau. Alle Zeiten überdauert hat das im Hintergrund sichtbare Stellwerksgebäude. Dieses Stellwerk wurde 1936 in Betrieb genommen und war bis Januar 1985 das Befehlstellwerk 1 (B1). Dann ging das EZMG in Betrieb und das Bauwerk wurde betrieblich überflüssig. Das B1 war nun im baugleichen Stellwerksgebäude (vormals W2) am Bahnübergang Einsiedler Hauptstraße untergebracht. 2004 erfolgte der Abbruch. 2004 bis 2019 gab es hier keine Ausfahrsignale, denn zwischen Chemnitz Süd und Thalheim fand das Betriebsverfahren Zugleitbetrieb Anwendung.

Bf Dittersdorf / 1999-2019: Hp Dittersdorf (km 13,11 CA)

[49] Eine historische Ansicht des Zwönitztals mit der Station Dittersdorf bei Chemnitz, entstanden 1917, Blick nach Nordosten. Am 1. Mai 1905 erhob man die Haltestelle zum Bahnhof. Der Zusatz „bei Chemnitz“ entfiel ab 20. Juni 1953 ersatzlos mit der Umbenennung der Stadt. Längst vergessen ist das dritte Gleis, das die Zwönitz querte und links am EG vorbeiführte. Der Bahnhof besaß Ausfahrsignale. Die Übergänge waren mit Schrankenbäumen gesichert. Sehr dominant war, bis zu ihrem Abbruch zirka 1999/2000, die große Filzfabrik. (Postkarte: Slg. Claus Schlegel)
[50] Als am 19. August 1983 der Nahgüterzug 64354 in Dittersdorf ausfuhr, lag das Ladegleis längst nicht mehr. Dessen Brückenträger existierte noch, ist links hinter dem belaubten Geäst aber schwer erkennbar. Am Regler der 50 3661 stand kein geringerer als Günter Meyer, der bei [33] den Auslöser betätigte. (Aufnahme: Jürgen Viehweger)
[51] Nach der Degradierung zum Haltepunkt baute man das Kreuzungsgleis partiell zurück, auf der Brücke blieb es liegen. Wiederum ein RS 1 ist der Bildanlass am 2. April 2018 gewesen.
[52] Am 21. Dezember 2020 ruhen die neuen Brückenträger noch in Höhe EG und harren dem Einbau. Die Widerlager sind gegossen und im Hintergrund sind zwei neue Außenbahnsteige im Aufbau befindlich.
[53] Nach erfolgter Zugkreuzung verlassen 690 435 und 432 den Bahnhof Dittersdorf in diametrale Richtungen (Februar 2022).
[54] 202 661 erreicht mit einer Regionalbahn nach Chemnitz am 12. Juni 2000 gleich den Haltepunkt Dittersdorf, quert aber zunächst die Zwönitz. Von 28. Mai bis Anfang August 2000 feierten lokbespannte Reisezüge hier ein kurzes Intermezzo.
[55] Die Stabbogenbrücke über die Zwönitz ist ein kompletter Neubau. Bei der zweiten Zwönitzquerung am nördlichen Bahnhofskopf hat man hingegen die alten Stahlträger wiederverwendet und lediglich Widerlager und Mittelpfeiler ersetzt.
[56] Auch dieser Bahnhof verfügte über ein EZMG-Stellwerk. Von Oktober 1988 bis Dezember 1998 war es lediglich ein Jahrzehnt in Betrieb. Die Kastration des Bahnhofs zum Haltepunkt erfolgte in damals typischer, minimalistischer Machart. Das gekappte Kreuzungsgleis blieb liegen. Lediglich die Schrankenanlage und der Bahnsteigzugang sind erneuert worden. Den ehemaligen Mittelbahnsteig selbst hat man erst 2003/2004 umgebaut. Das Empfangsgebäude besitzt die typische „CA-Architektur“, welche nahezu alle kleineren Bahnhöfe/Haltestellen bei der Errichtung 1875 erhalten haben, so auch Einsiedel, Meinersdorf und Thalheim. Der sich nördlich anschließende Güterschuppen ist 1896 und 1908 erweitert, anschließend aber wieder eingekürzt worden. Das sichtbare Signal ist das Überwachungssignal für den Bahnübergang (So16). Der Lokführer bekommt dadurch eine Rückmeldung, ob das Befahren des Einschaltkontaktes erfolgreich war.
[57] Ein Nachschuss als Vergleichsbild für den Nachschuss. Das EG zeigt sich in gutem Zustand, steht allerdings momentan leer. Zuletzt bewohnte es der Fahrdienstleiter Leander Köhler (†), der bis 2003 u. a. in Lößnitz ob Bf seinen Dienst versah. Bleibt zu hoffen, dass es bald eine neue Nutzung erfährt. Man beachte auch die vier neuen Ausfahrsignale.
[58] Nach der Streckensanierung 2003/04 hatten Sonderzüge durch den Rückbau der meisten Kreuzungsstellen kaum noch freie Trassen. Insbesondere zwischen Thalheim und Aue war der Rückbau aller Bahnhöfe ein großer Rückschritt in Sachen Durchlässigkeit und Flexibilität. 2022 stehen zwar wieder viele Kreuzungsbahnhöfe zur Verfügung, durch die dichte Taktung der City-Bahn ist aber keineswegs mehr „Luft“ für Sonder- und Güterzüge an Werktagen entstanden! 50 3648 zog ungeachtet dessen am 27. Februar 2016 eine schöne Dampffahne hinter sich her.
[59] Nun schützt die Stützmauer wieder zwei Gleise vor den Unbilden der Zwönitz. An den Schienen befindet sich Schallschutz.

Bf Meinersdorf (Erzgeb) / 2004-2019: Hp Meinersdorf (Erzgeb) (km 23,06 CA)

[60] Wie bei vielen Bahnhöfen der CA-Linie stammt auch das letzte Meinersdorfer Empfangsgebäude nicht aus der Entstehungszeit der Strecke. Das markante EG entstand im Zuge der schmalspurigen Anbindung von Thum her (SM-Linie) und ist am 1. Oktober 1911 gemeinsam mit dem „Thumer Bahn’l“ feierlich eröffnet worden. Seit den späten 1990er-Jahren stand es leer und verfiel zusehends. Am 31. Oktober 2013 präsentierte es sich trostlos, zugenagelt und sah dem Ende entgegen.
[61] Der Abbruch erfolgte in der ersten Juliwoche 2018. Im Hintergrund fuhr noch die Erzgebirgsbahn.
[62] Der aktuelle Zustand an selber Stelle. Anstelle des EG- und einstigen Schmalspurbereichs stehen nun Parkplätze zur Verfügung. Das Gleis ist bereits beim Umbau 2003/2004 höhergelegt worden. Auch diese Station erhielt erst bei der jüngsten Umbauphase, 2019-2021, wieder ein Kreuzungsgleis und den Status Bahnhof zurück.

EÜ Meinersdorfer Straße (km 23,76 CA / km 29,06 SM)

[63] Von rechts schwenkte ab 1911 die 750-mm-Schmalspurbahn von Thum (- Schönfeld-Wiesa) ein und verlief bis zum Bahnhof Meinersdorf parallel zur CA. Im Mai 2003 war 50 3648 mit einem Sonderreisezug gen Aue unterwegs.
[64] Mit dem Neubau der Straßenquerung 2020/21 verschwanden die Relikte aus der Schmalspurzeit endgültig. Im März 2021 sind die Widerlager nahezu fertiggestellt.
[65] 690 439 befuhr am 13. Februar 2022 die neue Brücke. Im Hintergrund ist das ebenfalls neue Einfahrsignal des Bf Meinersdorf zu sehen. Links hat zwischenzeitlich auch ALDI Nord aufgerüstet. Des Weiteren sieht man links auf allen drei Fotos das Meinersdorfer Rathaus.

Bf Zwönitz / 2004-2019: Hp Zwönitz (km 36,42 CA, seit 2004: km 36,25 CA)

[66] Als 204 274 Anfang der 2000er-Jahre mit einem Transformatoren-Schwertransport den Bahnhof Zwönitz von Chemnitz her erreichte, waren die alten Anlagen zwar noch komplett, aber bis auf das Durchfahrtsgleis (und den Abzweig zum Umspannwerk) bereits betrieblich gesperrt. In diesem Zustand existierte der Bahnhof bis zur Streckensperrung Mitte 2003. Links ist das Stellwerk W1 zu sehen, das im Oktober 2003 abgebrochen worden ist. (Aufnahme: Ronny Preußler)
[67] Die Streckensanierung 2003/2004 machte aus dem Bahnhof Zwönitz einen Haltepunkt (und eine Ausweichanschlussstelle). Der Bahnsteig liegt nun nicht mehr am EG, sondern wurde in Richtung Straßenquerung (S 283) vorverlegt. Das Gebäude der Bahnmeisterei, in Bildmitte, blieb erhalten und wurde umgebaut. Im April 2004 war der Bahnsteig noch nicht fertiggestellt, rechts lagen noch die Masten der ausgedienten Formsignale. Links im Hintergrund ist ein Gebäude der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft zu sehen. Es war über ein Stumpfgleis angebunden. Auf diesem stand in den 1990er-Jahren eine zweiteilige DR-Doppelstockeinheit. Darin sollte ein Café entstehen, doch aus diesem Plan wurde nichts. Im Juni 1999 überführte man das Fahrzeug in das Sächsische Eisenbahnmuseum Chemnitz-Hilbersdorf, wo es 2011 verschrottet worden ist.
[68] Aus einem sind 2020/21 wieder zwei Bahnsteiggleise geworden. Links ist ein restauriertes Formsignal, jenseits der Straße, aufgestellt worden. Es hatte bis 2019 im Güterbahnhof am Originalstandort – einst Ausfahrsignal in Richtung Aue – die Jahrzehnte überdauert.
[69] Im Vorfeld des Umbaus rodete man den ehemaligen Zwönitzer Güterbahnhof. Somit bot sich 2018 nach vielen Jahren wieder freie Sicht auf einen Großteil des Bahngeländes. Das EG hat sein Bahnsteigdach bereits verloren. 232 334 rollte am 27. April 2018 mit einem Sonderreisezug nach Markersbach durch.
[70] Nicht nur die Gleisanlage hat sich verändert, auch das ehemalige EG wird, den Bedürfnissen des neuen Eigentümers entsprechend, umgestaltet. Im ehemaligen Güterbahnhof finden sich nach wie vor einige Gleisreste. Mit dem Umbau verschwunden sind hingegen die beiden Gleise jenseits des EGs (Stollberger Seite), die zuletzt bis 2014 zur Abstellung ausgedienter Autotransportwagen genutzt worden sind.

Damit beenden wir unsere Zeitreise entlang der Zwönitztalbahn vorläufig. Zwischen Zwönitz und Aue hat sich durch die Modernisierung wenig verändert. Die beiden Lößnitzer Stationen, einst oberer und unterer Bahnhof, sind nach wie vor Haltepunkte. Selbst die aus (D)DR-Zeiten stammende Halbschrankenanlage am Auer Stadion blieb bislang unverändert. Ebenfalls ausgespart blieb der Bahnhof Thalheim (Erzgeb). Auch dieser wird nun von Chemnitz Süd aus fernbedient und der Gleisplan änderte sich leicht. Grundlegend hat sich sein Erscheinungsbild aber nicht verändert. Der Auer Bahnhof, beziehungweise was davon übrig geblieben ist, wird in ferner Zukunft gesondert auf eisenbahnseite.de zu betrachten sein. Diskutieren wir abschließend einige der jüngsten Entwicklungen an und auf der CA-Linie:

Ist das die „Verkehrswende“?

Am 14. September 2018 rollten die letzten Reisezüge von DB Erzgebirgsbahn zwischen Chemnitz, Thalheim und Aue. Anschließend bestand Schienenersatzverkehr mit Omnibussen. Eine „Bummelvariante“über alle Dörfer und eine Direktverbindung zwischen den Endpunkten. Letztere besteht auch weiterhin. An Bautätigkeiten regte sich in den ersten Monaten kaum etwas. Somit konnten Anfang 2019 auch noch Sonder(reise)züge über die CA fahren. Erst im Juli 2019 liefen die Bauarbeiten richtig an. Grund für diese Verzögerung war der verspätete Abschluss des Planfeststellungsverfahrens.

Am 29./30. Januar 2022 erfolgte die offizielle Inbetriebnahme der „Überlandstraßenbahn“. Drei Jahre und vier Monate hatten die Beförderungsfälle Zeit, sich vom Bahnfahren zu entwöhnen. Bleibt zu hoffen, dass sich der Millionenaufwand dennoch in hohen Fahrgastzahlen niederschlagen wird. Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten.

Kritik an der Umsetzung des „Chemnitzer Modells“

Hinweis: Die folgenden Passagen spiegeln lediglich meine (= Markus Bergelt) Meinung – und die einzelner ÖPNV-Nutzer, die anonym bleiben wollen – wider:

Der – meiner Meinung nach – bestehende Grundkonstruktionsfehler des Chemnitzer Modells ist der Übergang der Eisenbahn-/Straßenbahnen vom Eisenbahn- in den BOStrab-Bereich in der Peripherie der Stadt anstatt am Hauptbahnhof. Dadurch „vertrödeln“ die Bahnen die ganzen im Erzgebirge durch den Streckenausbau erzielten Fahrzeitgewinne gegenüber früher nun wiederum im Stadtgebiet. Man fährt durch Seitenstraßen, durch enge Bögen und verwinkelte Stadtviertel, um dann irgendwann im Hauptbahnhof zu sein.

Wenn man aktuell von Chemnitz Hbf nach Aue fährt, dann ist man jetzt, nach dem Millionen Euro teuren Ausbau, immer noch langsamer als per DRG-Dampffahrplan des Jahres 1939. Damals war die CA komplett auf Vmax 60 km/h ausgebaut und bis Einsiedel bekanntlich zweigleisig. Und es gab 1939 dreierlei Personenzugarten zwischen Chemnitz und Aue:

1. Solche, die überall hielten

2. Beschleunigte Züge, die auf der Komplettstrecke Chemnitz – Aue nur auf den großen Stationen hielten

3. Beschleunigte Züge, die nur zwischen Chemnitz und Meinersdorf durchfuhren bzw. nur auf den großen Stationen hielten und nachher zwischen Meinersdorf und Aue aber überall hielten.

Mit Zugsorte 1 war man 1939 gerade einmal noch 11 Minuten langsamer als jetzt mit der City-Bahn. Mit Zugsorte 2 war man hingegen 14 min schneller in Aue als jetzt. Und mit Variante 3 waren Reisende 1939 immerhin noch um die 5 min schneller in Aue als jetzt mit der City-Bahn. Und das liegt an dem „Straßenbahn-Gezuckel“ der City-Bahnen durch die Chemnitzer Innenstadt.

Das Gegenargument ist zumeist: Ja, aber die Leute wollen überwiegend auch gar nicht zum Hbf, sondern in die Innenstadt. Ist das nachweisbar, oder eine reine Annahme und Mutmaßung? Wie viele der Fahrgäste steigen denn wirklich in der Peripherie aus und haben daher einen Fahrzeitvorteil? Wie viele Studentinnen und Studenten kommen denn tatsächlich aus dem Erzgebirge per Bahn und steigen dann am „Technopark“ oder an der Technischen Universität aus? Was höchstwahrscheinlich zutrifft, ist, dass viele Menschen an der Zentralhaltestelle oder an der Galerie Roter Turm aussteigen.

Diejenigen hätten aber keinen Fahrzeitnachteil gegenüber der jetzigen Variante, wenn die Bahnen aus dem Gebirge kommend mit schnellster Fahrzeit auf alter CA-Trasse und nach EBO über den Südbahnhof zum Hbf führen. Dort nach kürzestem Halt vom EBO- auf den BOStrab-Bereich übergehen würden und dann über die Straße der Nationen in die Innenstadt und zur „Zenti“ und dann erst in die Peripherie der Stadt weiterfahren würden. Dann wäre der Vorteil der umsteigefreien Verbindung genauso gewahrt wie es jetzt ist und wie es ja der „Clou“ sein soll. Die Leute, die in die Innenstadt nahe „Zenti“/Rathaus wollen, wären wegen der schnelleren Fahrt über die innerstädtische CA-Trasse über Südbahnhof schneller am Ziel als mit dem jetzigen „Gezuckel“ über Technopark und die Reichenhainer Straße.
Diejenigen, die eben doch zum Hbf wollen und dort umsteigen in andere Eisenbahnlinien, z.B. nach Dresden Hbf, wären viel schneller (etwa 15 bis 20 min schneller) am Hbf. Diejenigen, die ihr Fahrtziel in der Nähe des Südbahnhofes haben, hätten weiterhin ihren Ausstieg am Südbahnhof. Lediglich diejenigen, die wirklich zum Technopark oder zur Uni wollen, hätten einen kleinen Fahrzeitnachteil, aber immer noch die umsteigefreie Verbindung. Und könnten sich beschleunigen, wenn sie am Südbahnhof aussteigen würden, die paar Meter die Reichenhainer bis zur nächsten Straßenbahnhaltestelle hochlaufen würden oder sofort zur Uni laufen würden.

Doch so trödelt man als Fahrgast aus dem Gebirge auf dem Weg zum Hbf durch zahlreiche Nebenstraßen Chemnitz‘, wo die Bahnen an vielen Ampeln und Zwischenhaltestellen halten, sodass der Fahrgast so richtig „schön“ das gleiche Fahrtgefühl bekommt wie ein Pkw-Fahrer im Innenstadtverkehr: Nämlich tausend nervige Zwischenstopps, die man selbst nicht braucht, tausend Fahrten teils im Schritttempo oder mit max. 15 km/h um enge Kurven und durch Fußgängerzonenbereiche. Da fehlt einem als Fahrgast das motivierende Fahrtgefühl, straff und effizient voranzukommen – das ist jetzt das Fahren mit der City-Bahn auf der CA.

Kompromiss: Express-Durchläufer nach Chemnitz Hbf im 2-h-Takt?

Die Stufe 2 des Chemnitzer Modells ist nach mehrjähriger Planung und Bauphase seit rund einem Monat in Betrieb. Die Planer haben sich für die aktuelle Variante entschieden. Insofern wird es in naher Zukunft keinen grundlegenden Paradigmenwechsel bei der Betriebsführung geben.

Aber wer aus Zwönitz, Thalheim oder Einsiedel schnell per Bahn nach Chemnitz Hbf will, um in Züge nach Leipzig, Dresden, Riesa etc. umzusteigen, für den ist das aktuelle Angebot ein Rückschritt. Verglichen mit den bis September 2018 eingesetzten Siemens Desiro Classic (VT 642) ist der Citylink auch keine Komfortverbesserung, eher im Gegenteil.

Ähnlich verhält es sich mit der seit Dezember 2002 de facto als Überlandstraßenbahn betriebenen KBS 522 von Stollberg nach Chemnitz. Auch diese verbummelt mit dem Einschwenken in das Straßenbahnnetz ab Altchemnitz Fahrtminuten mit zahlreichen Ampeln und Haltestellen entlang der Annaberger Straße etc. Im Vergleich zur Straßenbahnstrecke über den Technopark verläuft diese bis zum Stadtzentrum aber immerhin relativ gerade und nicht in einer Schlangenlinie.

Im Grunde ließe sich dieser Makel leicht beheben, indem aller zwei Stunden (oder stündlich) ein Express-Durchläufer die alte Trasse zum Hbf nutzt. Dies wäre sowohl von Stollberg als auch von Aue aus technisch nach wie vor möglich. Insofern besteht die Hoffnung, dass dieses beschleunigte Zugangebot irgendwann Realität wird. Um sich Express nennen zu dürfen, könnten diese Durchläufer aber nicht an jeder Station halten (z. B. nicht viermal in Einsiedel aller dreihundert bis tausend Meter).

Was hingegen technisch nicht ohne große Umbauten möglich ist, ist der Vorschlag, dass die City-Bahn aus Richtung Südbahnhof erst im Hbf in das Straßenbahnnetz überwechselt. Eine umsteigefreie Verbindung vom Südbahnhof über Hbf in die Innenstadt ist gegenwärtig nicht ohne Rangierfahrten im Hbf oder einen Umweg über den nächsten Bahnhof (z.B. Küchwald) möglich, da im Hbf das komplette Gleisfeld mit „Sägezahnfahrten“ gequert werden müsste. Dies stand aber, zumindest offiziell, auch nie zur Debatte.

Eine andere, m. E. auch realistische, alternative Lösung für dieses Problem wäre: Die City-Bahn fährt vom Südbahnhof kommend in Chemnitz Hbf auf Bahnsteig 10, 11, 12, 13 oder 14 ein, wechselt umgehend die Fahrtrichtung und fährt in Richtung Zwickau aus. Unmittelbar nach der Unterquerung des Dresdner Platzes und vor der Fußgängerbrücke an der Jäger-/Hain-/Dammstraße zweigt die City-Bahn auf einer neuen Gleisverbindung nach rechts in die Hainstraße ab. Nach wenigen Metern wird die Augustusburger Straße niveaugleich gequert, die Bahn schwenkt in die vorhandene Straßenbahntrasse nach rechts und wäre zwei Minuten später in der Innenstadt. Würde die Unterführung Dresdner Platz noch Durchlass für sechs parallele Gleise gewähren, könnte man sogar ab Hbf bis zum Abzweig in die Hainstraße ein separates Gleis für die Tram legen, um sich nicht mit dem Verkehr auf der Zwickauer Strecke ins Gehege zu kommen. Diese Option wurde aber mit dem Neubau der Unterführung 2010-2013 im wahrsten Sinne des Wortes verbaut.

Eine noch „einfachere“ Option wäre eine Gleisverbindung von Bahnsteig 10 des Hbf mit der Straßenbahn in Höhe Bahnhofstraße/Carolastraße, wobei hier der Bahnhofsvorplatz niveaugleich überquert werden müsste. Wie viele Jahre Zeit, Planung und Millionen Euro dieser relativ kleine Neubau einer zirka 200 Meter langen Gleisverbindung im Deutschland der 2020er-Jahre kosten würde, stimmt hingegen wenig optimistisch für eine Umsetzung solcher oder ähnlicher Visionen.

Aber enden wir positiv: In die Eisenbahn wurde investiert! Viele neue Brückenbauwerke und reaktivierte Kreuzungsstellen, neue Signal- und Sicherungstechnik gewährleisten mittel- bis langfristig den Fortbestand der CA-Linie. Positiv hervorzuheben ist auch, dass im Vergleich zum Planungsstand von 2013 der Abschnitt Thalheim – Aue nicht stillgelegt, sondern in das „Chemnitzer Modell“ integriert worden ist! Auch wenn die Trassenführung dieser und der meisten anderen Bahnstrecken in weiten Abschnitten nicht mehr zeitgemäß ist. Aber eine teilweise Neu- oder Paralleltrassierung, ein durchgängig zweigleisiger Ausbau, flächendeckend flexibler Schienenpersonenverkehr im 30-min-Takt (oder dichter) UND Schienengüterverkehr; eine bundesweit gesetzliche Vorgabe, dass Lkw nur Fracht bis zum nächsten Bahnhof transportieren dürfen, … all das würde eine ECHTE Verkehrswende bedeuten. Mit solchen Forderungen, die politische Phrasen ernst nehmen und zu Ende denken, wird man in unserem Land aber bestenfalls milde belächelt.

© 2023 MBC

Der Autor bedankt sich recht herzlich bei den Herren Siegfried Bergelt, Thomas Böttger, Leonard Führig, Jens Herbach (www.sachsenschiene.de), Dr. Manfred Meyer, Ronny Meyer, Tilo Müller, Ronny Preußler, Claus Schlegel, Dirk Schüttler und Jürgen Viehweger für das zur Verfügung gestellte Bild- und Datenmaterial!

Abkürzungsverzeichnis

Anst = Anschlussstelle
Bf = Bahnhof
Bft = Bahnhofsteil
BOStrab = Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung
CA = Bahnstrecke Chemnitz – Adorf (Vogtl)
DRG = Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft
EBO = Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung
EDK = Eisenbahndrehkran
EG = (Bahnhofs-)Empfangsgebäude
EÜ = Eisenbahnüberführung
EZMG = (russ.) Elektritscheskaja zentralisazija malych stanzij Germanii (sowjetische Stellwerksbauart zur Zentralisierung kleiner DR-Bahnhöfe)
Hbf = Hauptbahnhof
Hp = Haltepunkt
KBS = Kursbuchstrecke
SM = Bahnstrecke Schönfeld-Wiesa – Meinersdorf (Erzgeb)
Strab = Straßenbahn
Üst = Überleitstelle
VEB = Volkseigener Betrieb (Rechtsform in SBZ und DDR für Industrie- und Dienstleistungsbetriebe)
Vmax = Höchstgeschwindigkeit

Quellen & Literaturhinweise

[I] Hellwig, Jens (2003-2018) [online] Altes Chemnitz – Umbenennungen (altes-chemnitz.de), letzter Abruf 2022-02-23 Herbach, Jens (2002-2022) [online] Sachsenschiene.de – Eisenbahnen in Sachsen, letzter Abruf 2022-02-23 Bahnstrecke Chemnitz–Adorf – Wikipedia, letzter Abruf 2022-02-24

  • Bergelt, Siegfried: Auf den Spuren der alten Westsachsenmagistrale – Die Eisenbahnstrecke Chemnitz–Aue–Adorf. Bildverlag Böttger, Witzschdorf 2004, ISBN 3-9808250-7-8.
  • Viehweger, Jürgen: Die Zwönitztalbahn Chemnitz–Aue. Verlag Jacobi, Fraureuth 2006, ISBN 3-937228-09-8

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3 Antworten

  1. Andreas sagt:

    Eine sehr schöne Dokumentation.

  2. Heiko Vogler sagt:

    Markus, die Zusammenfassung mit berechtigter Kritik hat mir gut gefallen.
    Was mich aber mehr überraschte und sehr löblich fand, dass hierzu Lösungsvorschläge zur Verbesserung der unsinnigen Betriebsführung kamen. Diese sollten nicht nur lapidar von den Verantwortlichen abgetan, sondern auch wahrgenommen, diskutiert und evtl. in angepasster Form umgesetzt werden.

    Ich sehe hier ein paar Parallelen zu anderen Projekten in naher und ferner Umgebung.
    Die heute agierenden Protagonisten mit reinweißem Lächeln in bestimmten Publikationen, die sich untereinander mit feuchtem Händedruck immer wieder Erinnerung bringen, sind allseits bekannt. Zu bestimmten Anläßen wird es schon fast peinlich, sowie anstrengend ihre Fortschritte in fast unveränderter verbaler Artikulierung jedes Jahr aufs Neue lesen zu müssen.

    In diesem Sinne, Liebe Grüße aus Freiberg (Sachs)

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